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5 Fragen an Robert Dorn

1. Erzählen Sie uns von Ihrem Weg in die Mobilitätsbranche und wie Sie zu Ihrer Position als Geschäftsführer beim Bundesverband SchienenNahverkehr (BSN) gekommen sind?

Als Urberliner nutze ich den ÖPNV bereits seit meiner Kindheit mit Begeisterung und großem Interesse. Deswegen habe ich dann nach der Schulzeit Planung und Betrieb im Verkehrswesen an der TU Berlin studiert. Während meines Masterstudiums fing ich dann als Werkstudent beim heutigen Bundesverband SchienenNahverkehr – damals noch BAG-SPNV – an. Nach einigen Jahren der spannenden Verbandsarbeit verschlug es mich dann in die Praxis zu zwei Eisenbahnverkehrsunternehmen. Dort leitete ich Vergabeprojekte, trieb die Geschäftsentwicklung voran und setzte Verkehrsprojekten um. Mit dieser zusätzlichen und wichtigen Erfahrung aus der Praxis kehrte ich dann wieder zu „meinem“ Verband zurück und meinen Mitgliedern zurück. Bis ich dann meine heutige Funktion als einer von zwei Geschäftsführern übernahm. Hier fühle ich mich an der richtigen Stelle, denn die Aufgabenträger sind als Bestellerorganisationen eminent wichtig, damit das komplexe System Nahverkehr auf der Schiene mit hoher Qualität funktioniert.

2. Die Branche wertet das Deutschlandticket als Erfolgsgeschichte. Was muss passieren, damit es das bleibt?

Nicht nur für uns als Branche, sondern auch für alle, die das Deutschlandticket jetzt oder auch in Zukunft nutzen wollen, ist Verlässlichkeit unabdingbar. Bund und Länder müssen deshalb endlich die langfristige Finanzierung des Deutschlandtickets sicherstellen und nicht jedes Jahr aufs Neue um die Aufteilung der Kosten feilschen – dies geht vor allem zulasten der Fahrgäste sowie der Verkehrsunternehmen. Für einen „echten“ Erfolg müssen die Verkehrsangebote deutlich besser ausgebaut und die einzelnen Verkehrsträger stärker miteinander verknüpft werden. Anstatt über Abbestellungen von Verkehren zu reden, sollten wir, insbesondere im ländlichen Raum, über deren Ausbau diskutieren. Gleichzeitig sind wir als Branche gefordert, eine Vereinheitlichung und Vereinfachung von Tarifen und Beförderungsbedingungen voranzutreiben sowie den Vertrieb kundenfreundlich und effizient zu digitalisieren. Ich persönlich erhoffe mir sehr viele neue Deutschlandticket-Abos durch die stärkere Etablierung der Jobtickets. Gleichzeitig sollten durch die Abschaffung von umweltschädlichen Subventionen des Autoverkehrs mehr Finanzmittel freigeräumt werden, um das Verkehrsangebot und das Deutschlandticket zu stärken. Nur im Zusammenspiel von Push- und Pull-Faktoren kann die Verkehrswende gelingen, die von der Politik nicht nur theoretisch auf dem Papier gewollt, sondern tatsächlich auch umgesetzt werden muss.

3. Wie kann die Vernetzung von Bus- und Schienenverkehr im Nahverkehr verbessert werden?

Wir müssen noch stärker die Sichtweise und die Bedürfnisse der Fahrgäste in den Fokus nehmen. Für diese sind zuverlässige Reiseketten, die Reisedauer und der Komfort zentrale Faktoren. Denn insbesondere im ländlichen Raum wird es auch künftig längst nicht überall eine direkte Schienenanbindung geben, dafür bieten Busse oder neue Formen der On-Demand-Verkehre Chancen für den Umweltverbund. Dafür muss über den eigenen Tellerrand geschaut und verkehrsmittelübergreifend geplant werden. Einige Aufgabenträger denken zum Beispiel bereits langlaufende Buslinien mit, die mit dem Schienenpersonennahverkehr vertaktet und verknüpft werden. Die Vernetzung von SPNV und ÖSPV hat ein immenses Potential, um Menschen allerorts miteinander zu verbinden und ihre Teilhabe an der Mobilität über eine reine Daseinsvorsorge hinaus zu verbessern.

4. Alternative Antriebe sind sowohl auf der Schiene als auch auf der Straße ein Thema. In welche Antriebsarten setzen Sie die größten Hoffnungen?

Unsere Branche denkt technologieoffen und erprobt seit Jahren schon in verschiedensten Modellprojekten neue Antriebstechnologien. Auf etwas mehr als 60 Prozent des elektrifizierten Streckennetzes werden, aktuell rund 80 Prozent der Zugkilometer im Nahverkehr auf der Schiene zurückgelegt. Für lange Verbindungen ohne Oberleitung, bei der eine Elektrifizierung nicht infrage kommt, sollten sowohl Wasserstoff, Batterien als auch alternative Treibstoffe als Antriebsform geprüft werden. Die meisten Elektrifizierungslücken sind kürzer als 80 Kilometer, was sich (derzeit) durch den Einsatz von Batteriezügen mit sog. „Ladeinseln“ besonders gut bewältigen lässt. Auch die Entwicklungen in der Batterietechnologie machen Hoffnung auf noch effizientere und weitreichende Zugverkehre. Wichtig ist sowohl für die Straße als auch die Schiene, dass bei der Herstellung der alternativen Antriebe, der CO2-Abdruck nicht außer Betracht gelassen wird. Auch das Energie-System muss gesamthaft betrachtet werden.

5. Der Fachkräftemangel betrifft Bahn- und Busunternehmen gleichermaßen. Sehen Sie Ansätze, dieses Problem gemeinsam anzugehen?

Der Fachkräftemangel trifft die gesamte Branche hart, mögliche Lösungen im Schienenverkehr sind oft noch komplexer als im Busbereich: Ein Triebfahrzeugführer ist speziell für seine Strecke und sein Zugmodell geschult und nur im Zusammenspiel mit weiteren Instanzen wie dem besetzten Stellwerk und der qualifizierten Instandhaltung kann ein Zug überhaupt verkehren. Auch hier betrifft uns der Fachkräftemangel, er ist omnipräsent. Wir sind bereits in einer Brancheninitiative für den Nahverkehr auf der Schiene organisiert. Eine Ausweitung auf weitere Sparten ist vorgesehen. Denn als Lösung ist es nicht ausreichend nur ein besseres Recruiting vor Ort und für einen Beruf zu betreiben, sondern es müssen bundesweit Lösungen und Verbesserungen in den übergeordneten Bereichen Integration, Quereinstieg, Bildung und Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Der gesamte Verkehrssektor steht vor dieser großen Herausforderung, die nur gemeinsam bewältigt werden kann.

Foto von Robert Dorn. Neben dem Schriftzug „5 Fragen an…“ ist zu lesen: „Robert Dorn, Geschäftsführer Bundesverband SchienenNahverkehr“

Portraitfoto von Robert Dorn als Graphik

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