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Gastbeitrag: Frühling und damit beginnt auch die Saison für Busreisen ...
Die vielversprechende Frühlingssonne in den Niederlanden und Belgien (vielleicht aber auch andernorts) könnte uns fast vergessen lassen, dass zwei harte Corona-Jahre hinter uns liegen. Mit der Eröffnung der Blumenschau im Keukenhof beginnt für niederländische und viele ausländische Reiseveranstalter traditionell die Bustourismus-Saison. Und schon bald wird die große Gartenbauausstellung Floriade Expo in Almere ihre ersten Besucher willkommen heißen – von denen viele per Bus anreisen werden. In Belgien hat BusFan, eine Eigeninitiative der Reisebusbranche, ihre Werbung für Inlands- und Auslandsreisen in beiden Sprachregionen des Landes wiederaufgenommen und neu belebt.
Einfallsreichtum war gefragt
In beiden Ländern hat der Linienbus- und Reisebussektor dem Corona-Sturm standgehalten – wenngleich mit einer gewissen, oft aber eher bescheidenen staatlichen Unterstützung (wenn man bedenkt, wie kapitalintensiv diese Branche ist). Viele Betreiber mussten äußerst erfinderisch sein, um ihr Geschäft am Laufen zu halten, bis Entwarnung gegeben werden konnte. Die meisten Betreiber drosselten ihren Betrieb oder setzten auf eine gewisse unterstützende Diversifizierung in andere „benachbarte“ Sektoren hinein: Lieferdienste und Hilfsfunktionen im öffentlichen Nahverkehr.
Obwohl der öffentliche Nahverkehr jeweils abhängig von den Corona-Maßnahmen etwas ausgedünnt wurde, konnten doch die meisten der üblicherweise angebotenen Dienst-leistungen weiterhin aufrechterhalten werden. Für die meisten Unternehmen bestand das größte Problem darin, ihr Personal zu halten. In einem sehr angespannten Arbeitsmarkt kam es vor allem darauf an, die Fahrer an das Unternehmen zu binden, zumal ja bereits weit vor Corona eine extreme Nachfrage nach Busfahrern herrschte.
Häuser statt Busse
Auch bei den Herstellern von Omnibussen war Fantasie gefragt, da die Nachfrage im Reisebussektor mit Beginn der Pandemie rapide zurückging, in der Nahverkehrsbranche aber anhielt, wo hauptsächlich nach Elektrobussen verlangt wurde. Vor diesem Hintergrund hat der niederländische Busproduzent VDL Bus & Coach einen bemerkenswerten Schritt getan. Anfang Februar postete die Belegschaft des VDL-Werks in Heerenveen (bekannt für Marken wie Berkhof und Hainje) das Foto eines neuen Busses auf LinkedIn: „Gestern, am 1. Februar, hat der letzte Bus, den wir als VDL Bus Heerenveen produziert haben, das Werk verlassen.“ Das jetzt als VDL Shared Spaces firmierende Unternehmen ergänzt: „Ein besonderer Moment für alle Kollegen. In all den Jahren haben wir hier in Heerenveen mehr als 13.000 Busse und etwa 125 verschiedene Bustypen produziert. In den kommenden Monaten werden wir unser Werk umbauen und uns auf die Produktion von Baumodulen für die Häuser des Bauunternehmens Van Wijnen konzentrieren. Gemeinsam mit unserem Partner werden wir dazu beitragen, den Wohnungsmangel in den Niederlanden zu bekämpfen.“
Das Werk des Bauunternehmens Van Wijnen liegt direkt neben dem von VDL. Als sich eine Umstrukturierung abzuzeichnen begann, legte VDL sein Augenmerk auf die Herstellung von Modulen für die Massenproduktion von Häusern anstelle von Bussen. Durch die Fokussierung auf Fertighäuser und den Zusammenschluss mit Van Wijnen konnten sich die Belegschaften beider Unternehmen offensichtlich gut ergänzen, und ein Verlust von Arbeitsplätzen bei VDL konnte weitgehend vermieden werden.
Eine Tür schließt sich....
Doch wo VDL eine Tür schloss - im Norden der Niederlande – wurde eine andere geöffnet, diesmal im Süden, in Belgien. Wenige Tage nach der Schließung des Werks in Heerenveen wurde der Grundstein für ein neues Produktions- und Wissenszentrum für die Herstellung von Elektrobussen in Roeselare gelegt, welches das alte Werk in Jonckheere ersetzen wird.
Für viele Busspezialisten war 'Roeselare' schon immer ein bekannter Name. Bis 1998, als VDL das Werk übernahm, wurden in dieser westflämischen Stadt die Jonckheere-Busse produziert.
Vor vier Jahren gab VDL Bus & Coach bekannt, dass man 'Roeselare' zum Wissenszentrum für die Elektrifizierung von Bussen weiterentwickeln werde. Die Corona-Krise und der schwache Omnibusmarkt sowie der interne 'Wettbewerb' mit dem VDL-Werk in Valkenswaard in den Niederlanden sorgten in Flandern für Verunsicherung. Im Werk in Valkenswaard, das traditionell Reisebusse liefert, kam die Produktion zum Erliegen. Doch als VDL im Dezember letzten Jahres einen Teil eines E-Bus-Auftrags des flämischen Verkehrsunternehmens De Lijn erhielt (der größere Teil des Auftrags ging an Van Hool), begannen die Vorbereitungen für den Bau des neuen Standorts 'Roeselare'.
Die meiste Zeit und trotz eines sechswöchigen Lockdowns wurde in Roeselare auf Hochtouren gearbeitet, lediglich ein Auftrag über 100 E-Busse musste nach Valkenswaard verlagert werden.
... und eine andere geht auf
Das für Roeselare erklärte Ziel sind 800 Busse pro Jahr, was einer Verdoppelung der derzeitigen Produktion gleichkommt. Um das zu erreichen, wird VDL in der neuen energieneutralen Fabrik ein völlig neues Produktionsverfahren mit effizienteren Montagelinien und kürzeren Durchlaufzeiten anwenden. Das Werk soll Anfang nächsten Jahres fertig sein, und die ersten flämischen E-Citeas dürften wenig später das Werk verlassen.
Übrigens hatten es auch VDL Bus & Coach ebenso wie viele andere Bushersteller während Corona-Krise nicht leicht. Der Markt für Reisebusse, die traditionell in Valkenswaard gebaut werden, ist zum Beispiel völlig zum Erliegen gekommen. Das löste in Roeselare die Befürchtung aus, dass 'ihre' Produktion komplett nach Valkenswaard verlagert werden könnte. Da das Werk in Flandern aber alle Hände voll zu tun hatte, wurde nur ein Auftrag über 100 Busse in die Niederlande verlagert.
Aber auch der Markt für Stadtbusse kränkelte aufgrund stark rückläufiger Fahrgastzahlen im öffentlichen Nahverkehr in den Niederlanden und Belgien sowie wegen Verzögerungen bei der Ausschreibung neuer Konzessionen in den Niederlanden. Dort sorgten jedoch Klimaschutzprogramme dafür, dass der Absatz von E-Bussen nicht völlig zum Erliegen kam.