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Mit 16 Bussen über Berg und Tal
Busunternehmer Heser begründet seine Erwartungen an Technik und Politik
Hesers Unternehmen im Fichtelgebirge hat 24 Mitarbeiter, 20 davon sind Busfahrer. Die Verwaltung erledigt der Mittfünfziger mit Frau und seiner Schwester sowie einem Angestellten. Der Jahresumsatz von heserbus liegt bei 1,6 Millionen Euro - 40 Prozent davon generiert die Firma im ÖPNV und je 30 Prozent mit eigenen Fahrten und Mietaufträgen.
Im ÖPNV betreibt er unter anderem die täglich mehrmals bediente Strecke Bischofsgrün – Weidenberg in Oberfranken/Fichtelgebirge. Das sind 270.000 Kilometer pro Jahr. Darüber hinaus ist er Auftragnehmer der RBO (Regionalbus Ostbayern) für Linien in und um die Städte Wunsiedel, Selb, Marktredwitz und Schirnding, die sich auf 200.000 Kilometer im Jahr summieren.
Heser ist der Ansicht, dass der öffentliche Personennahverkehr insgesamt zunehmen wird, auch auf dem Land. „Seit vor einigen Jahren entschieden wurde, die Bahnstrecke von Bayreuth über Weidenberg wieder bis ins Fichtelgebirge zu verlängern und Verbundanschlüsse zu schaffen, die bis zum Anruf-Linientaxi gehen, sind die Fahrgastzahlen wieder gestiegen. Auch der Schülerverkehr nimmt zu. All dies hat dazu geführt, dass man heute vom Fichtelsee, einem vielbesuchten Gewässer am Fuße des Ochsenkopfes, fünfmal täglich bis nach Nürnberg fahren kann. Im günstigsten Fall dauert die Reise auf der mehr als 110 Kilometer langen Strecke nur anderthalb Stunden.
Heser weist aber auch darauf hin, dass die Regierung Bayerns stark in den ÖPNV investiert. „Für einen Niederflurbus gibt es 70.000 Euro Zuschuss bei Gesamtanschaffungskosten von rund 200.000 Euro.“ Sein Fuhrpark umfasst 16 Standard-12-Meter-Busse mit einem Durchschnittsalter von etwa vier Jahren. Vier davon sind Reisebusse, zehn sind Nieder- und Hochflurbusse für den Linienverkehr. Sie erfüllen die Schadstoffnorm Euro VI für dieselbetriebene Busse. Zwei weitere Busse mit Euro II stehen als Reserve oder Stoßzeiten-Ergänzung für den Schülerverkehr bereit.
Zu zukünftigen Antriebstechniken sagt der Unternehmer: „Wir müssen zügig weg vom Diesel.“, schon wegen der geopolitischen Abhängigkeiten. Erdöl sei zu wertvoll, um es einfach zu verbrennen. Er hoffe mit Blick auf die Hersteller „dass sich jetzt mehr tut als bisher“ und ergänzt, dass sich diese aus seiner Sicht bei alternativen Energien noch sehr zurückhalten. Eine Ursache sieht er in den anhaltend niedrigen Kraftstoffpreisen.
Angesprochen auf die holländische Provinz Limburg, die in Kürze einen emissionsfreien ÖPNV erreicht haben will, sagt er: „Das ist gut so, aber hier in der Gegend müssen wir im Gegensatz zu den Niederlanden mit sehr gebirgigen Strecken und im Winter mit Minustemperaturen bis 20 Grad zurechtkommen.“ Er sei nicht sicher, ob die Elektromobilität am Ende als Sieger aus dem derzeitigen Wettbewerb der Technologien hervorgehen werde. „Es könnte auch Wasserstofftechnologie sein.“
Vorreiter muss nach Hesers Ansicht der Lkw-Verkehr werden. Dort sieht er vor allem stark frequentierte Strecken wie etwa die A2 als Verbindung von Polen nach Rotterdam als Wegbereiter. An Strecken mit hohem Frachtaufkommen könnten Wasserstofftankstellen entstehen.
Wenn es um Bustechnologie geht, sieht er große Unternehmen in der Pflicht, eine Vorreiterrolle einzunehmen. „Wer 300 Busse betreibt, kann es sich leisten, vier bis fünf mit experimenteller Technologie auszurüsten und Reservebusse mit konventionellem Antrieb vorzuhalten.“ Heser nennt hier die Hamburger Hochbahn AG, die mit gutem Beispiel vorangehe.
Vom Auspuff her gedacht
Wer rechtzeitig plant und die Zukunft im Blick hat, wird kaum Probleme mit neuen Bestimmungen zur Ausstattung der Fahrzeuge haben, meint Busunternehmer Heser. Von heute auf morgen wird der Diesel nach seiner Ansicht nicht verschwinden.
Er sagt aber auch, die Dieseltechnologie sei noch nicht ausgereizt. „Wir werden sicher noch 20 bis 30 Jahre dieselbetriebene Fahrzeuge auf den Straßen haben“, meint er. Es müsse gelingen, zwischen Verbrauch und Emission zu trennen. Erst beim Euro-VI-Standard sei „vom Auspuff her gedacht“ worden, das heißt, die Abgasreduzierung habe im Vordergrund gestanden und nicht mehr die Verbrauchsreduzierung.
Diese Entwicklung werde in den Städten beginnen. „Eine Frankreich-Rundreise mit einem Elektrobus auch nur zu planen, ist völlig unmöglich“, meint er, aber in den Städten habe die Verringerung der Schadstoffemissionen Vorrang. Er „sehe völlig ein“, dass dort Fahrverbote nicht mehr ausgeschlossen seien. Wenig Verständnis bringt er für Stimmen, wie aus Handwerksbetrieben auf, die klagen, dass ihre Dieselflotte den Grenzwerten nicht gerecht werde und eine Neuanschaffung für sie ruinös wäre. „Die Grenzwerte sind seit Jahren bekannt. Wer einigermaßen weitsichtig investiert, müsste über passende Fahrzeuge verfügen.“
Hesers Reisebusse sind mit Abstandswarnsystemen ausgerüstet, die die Fahrer nicht abschalten können – ein Feature, das regelmäßig nach Auffahrunfällen auf der Autobahn diskutiert wird. Die Busse haben auch einen Spurhalte-Assistenten, „den sie allerdings abschalten können“. Bei den oft sehr kurvenreichen Strecken im Fichtelgebirge sei das unerlässlich, weil manche eigentlich sinnlose Warnung letztlich dazu führe, dass der Fahrer nervös werde, sagt Heser. „Wir fahren mit sämtlichen verfügbaren Sicherheitssystemen. Viele dieser Systeme haben wir bereits gekauft, als sie noch nicht gesetzlich vorgeschrieben waren. Wenn wir die Busse nach acht Jahren wieder verkaufen und die Vorschriften sich zwischenzeitlich geändert haben, erzielen wir bessere Preise.“ Das schließt auch Brandmelder und bei den Reisebussen Feuerlöschanlagen in den Motorräumen ein.
Mehr als ein digitaler Fahrscheindrucker
Er genießt die Errungenschaften der Digitalisierung, soweit sie in seinen Bussen bereits realisiert sind, besonders das RBL (Rechnergestütztes Betriebsleitsystem), das DB Regio entwickelt hat. Es ist viel mehr als ein digitaler Fahrscheindrucker. „Damit ist es dem Fahrer und vor allem dem Fahrgast möglich, andere Busse zu erreichen, etwa wenn er will, dass der Kollege im Anschlussbus an der Umsteige-Haltestelle wartet, um Fahrgäste aus seinem Bus aufzunehmen. Ein Monitor mit Touchscreen im Cockpit ermöglicht die Kontaktaufnahme mit den Rechnern in den anderen angeschlossenen Bussen. Er könne sich gut vorstellen, dass das in einigen Jahren automatisch passiert, also ohne dass der Fahrer noch einen digitalen Ruf absetzen muss.
Fahrgäste werden weder beim Ein- noch beim Aussteigen in Hesers Bussen automatisch gezählt. Fahrscheinkontrollen per Lichtschranke „würde ich einführen“, wenn es sie gebe und wenn die Datenschutzbedenken ausgeräumt seien, etwa dass die genauen Bewegungsprofile ohne Zustimmung des Fahrgasts aufgezeichnet werden dürfen.
Die enorm gestiegenen Passagierzahlen bei den Busreisen habe einen hohen Bedarf an Fahrern zur Folge, der sich auch bei Heserbus bemerkbar macht. Deshalb plant Heser, bald Fahrer auszubilden. Ihnen wird er den Busführerschein finanzieren.
Das ist durchaus keine Selbstverständlichkeit. „Meine Generation und vielleicht noch zehn Jahre Jüngere hatten es leicht, als die Bundeswehr noch eine Wehrpflichtarmee war. So wie bei mir war es bei vielen jungen Männern: Sie kamen mit dem Führerschein für Lkw aus der Kaserne und mit ihnen jedes Vierteljahr 30 weitere pro Kaserne.“ Ein großer Vorteil für Speditionen und Busunternehmer. „Der Busführerschein als Ergänzung zum Lkw-Führerschein kostete damals 1.200 D-Mark.“ Heute kommt das gesamte Paket auf 10.000 Euro. „Aber dafür fährt der Auszubildende in der ersten Zeit für ein Lehrlingsgehalt, und so amortisiert sich die Ausgabe recht schnell.“ Eine Verpflichtung des Auszubildenden auf einige Jahre, in denen er wegen der Anfangsinvestition seines Chefs den Arbeitsplatz nicht wechseln darf, sei nicht legal, meint Heser. Das richtige Einstiegsalter für Busfahrer liegt für ihn bei etwa 20 Jahren.
Dringender Wunsch an die Politik
Mit den technologischen Entwicklungen kommt Heser gut zurecht. An die Politik hat er aber einen Wunsch: „Treibt die europäische Integration so weit voran, dass die Bürokratie möglichst gering ist. Europäische Rahmenbedingungen sind dabei genauso wichtig, wie regionaler Spielraum“
Große Probleme bereitet Heser die „A1-Bescheinigung“ (ein Formular zur Entsendung eines Arbeitnehmers ins Ausland). Sie muss – wie in Vor-EU-Zeiten die Grüne Versicherungskarte – bei Fahrten im Ausland mitgeführt werden. Mit ihr weist der Fahrer die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach. Im Gegensatz zur Grünen Versichertenkarte muss sie für jede Reise und jeden Fahrer individuell ausgestellt werden. „Da muss drinstehen, wann und wo er arbeitet und wo er hinfährt. Was mache ich, wenn der Fahrer, für den ich das beantragt habe, am Tag vor der Fahrt krank wird und ich einen Ersatzfahrer auf die Tour schicken muss?“, fragt Heser. Auch mit der Fahrerkarte, auf der für die zurückliegenden 28 Tage die Fahrt-Daten jedes Busfahrers gespeichert sind, hat er Probleme. „Wenn der Fahrer in Frankreich in eine Routinekontrolle kommt und es stellt sich beim Auslesen der Karte heraus, dass er vor 26 Tagen in Deutschland die Lenkzeit um fünf Minuten oder die Geschwindigkeit um ein paar Stundenkilometer überschritten hat, werden Bußgelder nach französischen Regeln fällig. Die können um das Zehnfache über denen in Deutschland liegen. Daher wäre es dringend geboten, die Bußgelder im Straßenverkehr zu vereinheitlichen.“
Beruf mit Zukunft
Unterm Strich: Der Beruf des Busfahrers ist für Heser eindeutig ein Beruf mit Zukunft. Er sieht vorerst keine Bedrohung durch autonomes Fahren. Eine weitere, vielfach diskutierte Herausforderung, ist bei Heserbus kein Thema – der Unternehmernachwuchs. Er freut sich, hier auf eine neue Generation aus der Familie zählen zu können