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Von Hochschulen und neuen Perspektiven profitieren
Die Gastautorin wirbt für die stärkere Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft und stellt ein gelungenes Beispiel für Technologietransfer vor.
Wir stecken mittendrin: Die Mobilitäts- und Verkehrswende ist nicht mehr aufzuhalten. Macher*innen aus der Mobilitätsbranche forschen, gestalten, überlegen, kreieren, verwerfen, schaffen, diskutieren und entwickeln, um dafür zu sorgen, dass auch die Busbranche sich konstant verbessert und ihren Beitrag dazu leistet. Kundenzentrierte Innovationen und Ideen sollen dafür sorgen, dass die Branche auch in Zukunft eine tragende und attraktive Säule des Nah-und Fernverkehrs bleibt. Egal ob im Inkubator entwickelt, mit Marktforschungen gestützt oder durch intensive Brainstorming Sessions entstanden – Unternehmen sind auf Innovationen angewiesen, um relevant zu bleiben. Doch inwieweit berücksichtigen Innovationen, die über Jahre entwickelt wurden, kurzeitige Trends in einem dynamischen Umfeld? Während sich Megatrends wie Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Digitalisierung bereits für die kommenden Jahre klar abzeichnen, sind Mikrotrends weniger leicht erkennbar. Dabei sind es genau diese unscheinbaren Trenderscheinungen, die einen holistischen Blick auf neue Erfindungen ermöglichen.
Um entwickelte Innovationen mit den Bedürfnissen und Trendtendenzen der kommenden Generation abzugleichen, gehen viele Unternehmen an den Ort, an dem der Zeitgeist pulsiert: Hochschulen.
Die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) gilt als eine der Vorreiterinnen in der Zusammenarbeit mit Unternehmen und hat bereits seit geraumer Zeit Kooperationen zwischen Studierenden und Unternehmen etabliert. So wurden in vielen Studiengängen Praxisprojekte als fester Bestandteil des Studienprogramms eingeführt. Im Studiengang Bachelor für Industriedesign wird für jedes Semester ein Praxismodul angesetzt. Hierzu suchen die Professor*innen der Hochschule aktiv Kooperationspartner*innen aus ihren Netzwerken. Alternativ können sich Unternehmen auf mögliche Kooperationsangebote bewerben. Sind die Rahmenbedingungen der Kooperation definiert, stellen Unternehmen einen Use-Case zur Verfügung, den die Studierenden im Laufe des Semesters bearbeiten. Der Mehrwert liegt für alle Beteiligten auf der Hand und wird an folgendem Beispiel deutlich:
Unter der Aufgabenstellung „Imagechange im Busverkehr - Gestalte den Bus der Zukunft“ kooperierte der Studiengang Industriedesign der HTW mit MAN. Der zu gestaltende Bus sollte den Individualverkehr in Städten weitestgehend ersetzen und eine echte Alternative zum Auto bieten. Mithilfe von Design Thinking ermittelten die Studierenden in einem ersten Schritt die aktuellen Pain Points im Busverkehr. Im zweiten Schritt wurden die Wünsche und Anforderungen der Nutzer*innen evaluiert, um letztlich ein Konzept für die Busgestaltung erstellen zu können. Und die Ergebnisse können sich sehen lassen: Entsprechende Prototypen wurden von den Studierenden Erik Schumann und Khaled Hanafia, im Rahmen des Projekts „Imagechange im Busverkehr“ zwischen HTW und MAN entwickelt.
Da es sich um einen autonomen Bus handelt, wurden alternative Wege der Kommunikation mit den Verkehrsteilnehmenden untersucht. Hierzu wurden LED-Bänder im Prototyp installiert, die mittels aufleuchtender Farbe mit Ihrer Umwelt kommunizieren sollen. Während Weiß den Normalbetrieb und die Fahrt signalisieren soll, steht Rot für „Der Bus ist außer Betrieb“ und Grün für „Ein sicherer Einstieg kann erfolgen“.
Seit vielen Jahren arbeitet MAN mit Hochschulen zusammen. „Die Zusammenarbeit mit den Studierenden, gleicht einem erfrischenden Jungbrunnen.“ sagte Thorsten Bergmaier-Trede (Transportation Designer bei MAN) in einem Interview. Auch wenn nicht jede Idee direkt als Produkt umgesetzt werden kann, hilft der Diskurs vielen Unternehmen einen Blick von außen einzunehmen und andere Sichtweisen kennenzulernen. MAN sieht diese Art von Kooperation als gesellschaftliche Pflicht an. Studierende erhalten nicht nur frühzeitig Einblicke in die Industrie, sondern sammeln während ihres Studiums erste praktische Erfahrungen. Aus fiktiven Projekten werden Ideen, Innovationen und Perspektiven, die der Wirtschaft einen Mehrwert bieten können. Zudem ermöglicht jedes Projekt die Verknüpfung von Theorie und Praxis und bietet Studierenden die Chance herauszufinden, in welcher Branche sie in Zukunft tätig sein wollen. Neu erlernte Fähigkeiten sowie ein Gespür für den aktuellen Markt und der Ausbau ihres Netzwerks sind weitere Vorteile.
Durch das Praxisprojekt mit MAN entwickelte ein Studierender verstärktes Interesse für die Mobilitätsbranche und entschloss sich kurzerhand MAN als Praktikant zu unterstützen und eine hausinterne Bachelorarbeit zu schreiben. Im heutigen „War for Talents“ sind solche Kooperationen also auch für die Gewinnung von Fachkräften hilfreich.
Fazit: Was kann die Busbranche aus diesem Beispiel lernen? Wer Verkehrs- und Mobilitätswende will, muss offenbleiben. Das Ganze erscheint in unserer schnelllebigen und sich konstant verändernden Zeit oftmals wie die Königsdisziplin. Doch wer die Bedürfnisse dieser und der kommenden Generation mit in seine Innovationen einfließen lässt, wird für die Zukunft gerüstet sein und nur profitieren. In diesem Sinne: Let’s collaborate!